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Jobcenter Nordfriesland: Kein Fall gleicht dem anderen

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1.821 Langzeitarbeitslose hat das Jobcenter Nordfriesland im Jahr 2016 in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt. Ein Jahr zuvor waren 1.893 Menschen vermittelt worden, zwei Jahre zuvor 1.800. »Mit den aktuellen Zahlen können wir durchaus zufrieden sein«, lobt Landrat Dieter Harrsen das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen dem Kreis und den von den Kommunen betriebenen Sozialzentren. »Doch Zeit zum Ausruhen bleibt nicht: Die Herausforderungen nehmen eher zu als ab«, betont Harrsen.

Foto: pixabay.com / geralt



Dazu zählt die Arbeitsvermittlung der Flüchtlinge, die im Anschluss an ihre Asylverfahren zu Kunden der Jobcenter werden. »Von Anfang 2016 bis heute haben wir 1.294 Neuzugänge aus fremden Ländern in unser Register aufgenommen, von denen, wenn man Kinder und junge Mütter abzieht, rund 75 Prozent grundsätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen«, berichtet der Leiter des Jobcenters NF, Axel Scholz. Bis Ende 2017 rechnet er mit einer Steigerung um weitere rund 860 Personen – ein Wert, der allerdings schwer vorherzusagen ist.

Lückenhafte Sprachkenntnisse, fehlende oder nicht dokumentierte Ausbildungsabschlüsse und kulturelle Unterschiede sind Hürden, die die Migranten mit Hilfe der Fallmanager der Jobcenter überwinden müssen, bevor sie für Arbeitgeber interessant werden.

»Das wird am Ende auch gelingen«, ist Axel Scholz sicher: »Bei den meisten handelt es sich um junge Männer, die wissbegierig und motiviert sind und etwas aus sich machen wollen. Trotzdem müssen wir im Vorfeld deutlich mehr Zeit und Mühe in jeden einzelnen investieren als bei in Deutschland aufgewachsenen Menschen, die die deutsche Muttersprache mitbringen und alle notwendigen Papiere in der Tasche haben.«

Deshalb geht Scholz davon aus, dass es Jahre dauern wird, bis jeder Migrant im Arbeitsleben Fuß gefasst hat. Als eines unter mehreren Vorzeigeprojekten nennt er »Festmachen auf Sylt«, mit dem 22 Flüchtlinge auf eine Ausbildung in gastronomischen Berufen vorbereitet werden. »Das ist der Kooperation von acht Behörden, Kammern und Verbänden zu verdanken – ein enormer Aufwand, der sich aber lohnt, denn die Rückmeldungen sind sehr positiv. Die jungen Leute sind mit Freude dabei und stürzen sich mit außerordentlicher Energie auf ihre Aufgaben«, sagt Scholz.

Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften stieg von Dezember 2015 bis Dezember 2016 fast ausschließlich aufgrund der Zuwanderungswelle von 5.241 auf 5.431. Bis Mitte Juni 2017 kamen weitere 166 hinzu. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsbezieher – also Langzeitarbeitslose, Aufstocker und neu Zugewanderte – liegt in Nordfriesland momentan bei 7.750 Personen.

Bereits vor Jahren forderte der Kreis Nordfriesland den Bund auf, einen »sozialen Arbeitsmarkt« zu schaffen, der den Langzeitarbeitslosen mit sehr geringen Aussichten auf einen Job wieder eine Tagesstruktur und langfristig auch Vermittlungschancen eröffnen soll. Nachdem zahlreiche weitere Kreise sich ähnlich äußerten, legte der Bund nun das Projekt »Soziale Teilhabe« auf.

»Wir haben uns beworben und immerhin 645.000 Euro bewilligt bekommen. Damit können wir 20 bis 25 Plätze finanzieren«, freut sich Dieter Harrsen, der sich persönlich für dieses Ziel einsetzte.

Zurzeit bereitet der Kreis die Umsetzung vor. Anschließend haben Personen, die älter als 35 Jahre sind, länger als vier Jahre Arbeitslosengeld II beziehen und gesundheitliche Einschränkungen haben oder in einer Bedarfsgemeinschaft mit mindestens einem minderjährigen Kind leben, die Möglichkeit, sich zu bewerben.



Parallel dazu werden für arbeitsmarktnähere Klienten wieder Zusatzjobs eingerichtet werden, etwa in Radstationen oder Gebrauchtmöbellagern. »Wir machen mit Zusatzjobs bessere Erfahrungen als der Bundesdurchschnitt«, berichtet Axel Scholz. »Deshalb versuchen wir, die Zahl stabil bei rund 100 zu halten.« Im Jahr 2016 gab es in Nordfriesland 109 besetzte Stellen für Zusatzjobber – eine deutliche Steigerung gegenüber 2015 (79) und 2014 (46).

Dieter Harrsen betont die Notwendigkeit, dass der Bund den Jobcentern eine hohe Flexibilität einräumt, ausreichende Mittel zur Verfügung stellt und die bürokratischen Vorgaben verringert. »Das gilt nicht nur für Nordfriesland, sondern wird vom Deutschen Landkreistag für alle Kreise bundesweit gefordert. Die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen ist eine höchst anspruchsvolle Tätigkeit, bei der kein Fall genau wie der andere ist. Sie kann nur gelingen, wenn wir vor Ort größtmögliche Freiheiten bekommen.«

Deshalb lehnen Harrsen und Scholz die auf Bundesebene diskutierte Idee ab, Schulabgänger auf der Suche nach Ausbildungsplätzen immer der Agentur für Arbeit zuzuweisen. »Wenn eine Familie Kunde eines Jobcenters ist und dort alle Leistungen aus einer Hand bekommt, sollte das auch für die Unterstützung künftiger Azubis gelten. Es ergibt keinen Sinn, diese eine Leistung aus dem Gesamtkonzept herauszureißen. Das führt zu mehr Bürokratie, aber nicht zu besseren Ergebnissen«, erklären sie.

Im Bundesvergleich liegt das Jobcenter NF bei den wichtigsten Kennzahlen mal leicht über, mal leicht unter dem Durchschnitt. Rund 28 Prozent der Menschen, die Leistungen vom Jobcenter beziehen, sind nicht arbeitslos, sondern verdienen schlicht zu wenig, um davon leben zu können. Laut Axel Scholz gibt es dafür zwei Hauptgründe, auf die das Jobcenter allerdings kaum einwirken kann: das geringe nordfriesische Lohnniveau und den hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigung.

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