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Friedrichstadt feiert mit seiner Kulturnacht die Vielfalt

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Was sich unter Friedrichstädter Treppengiebeln verbirgt, wird zur Kulturnacht herausgeputzt und präsentiert: am Sonnabend, 26. August 2017, von 18 bis 24 Uhr kann man Bilder, Skulpturen und Kunsthandwerk, dazu Lesungen und Musik in Galerien, Museen, Ladengeschäften und Privathäusern des Holländerstädtchens erleben, das zwischen Heide und Husum in Nordfriesland liegt. Alle 22 Stationen der Kulturnacht, die bereits zum 19. Mal stattfindet, liegen in der historischen Altstadt und lassen sich bei einem Stadtrundgang erkunden.

Foto: Tourist Information Friedrichstadt



Der kulturelle Spaziergang sollte an diesem Abend in der ehemaligen Synagoge am Binnenhafen 17 beginnen. Das einstige Gotteshaus der jüdischen Gemeinde dient heute als Konzertsaal, als Gedenkstätte und Mahnmal der Toleranz. Hier eröffnet der mit dem Hans-Momsen-Preis ausgezeichnete Künstler Dieter Staacken die Kulturnacht mit einer kleinen Rede. Anschließend stellt der Männerchor „Schola Cantorosa“ sein neues Programm „Gays in Space“ vor. Ein schwuler Männerchor in einer nordfriesischen Kleinstadt? Das passt nur zu gut, wenn man weiß, dass die Kirche der ältesten Glaubensgemeinschaft im Ort, der Remonstranten, als eine der ersten gleichgeschlechtlichen Paaren ihren Segen gab. Die Remonstranten mussten im 17. Jahrhundertaus ihrer niederländischen Heimat fliehen und erhielten von Herzog Friedrich III. von Schleswig- Holstein-Gottorf die Erlaubnis, zwischen den Flüssen Eider und Treene eine Stadt zu gründen. Schnell sprach sich herum, dass man hier tolerant gegenüber religiösen Minderheiten war, sodass bald mennonitische, katholische und weitere Siedler folgten.

Am Westersielzug und dem Mittelburgwall – Kanälen, die von den holländischen Siedlern angelegt wurden und dem Städtchen den Klein-Amsterdam-Flair geben – kann man den kulturellen Abendspaziergang fortsetzen und zum Stadtmuseum „Alte Münze“ gelangen. In dem mit einer prachtvollen Fassade ausgestatteten ehemaligen Speichergebäude von 1626 gibt es Poetry Slam op Platt mit der Autorin Bärbel Wolfmeier und Taschenkunst – Bilder und Collagen im Kreditkartenformat – der Schwabstedter Malerin Eva Muggenthaler.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Mittelburgwalls kann man in den über 350 Jahre alten Turm der St. Christophorus-Kirche bis zum Uhrwerk der Turmuhr hinaufsteigen. Im Gemeindehaus neben der Kirche gibt es Klangexperimente der Schülerband „quick time players“ mit teilweise selbst gebauten Instrumenten zum Anschauen und Ausprobieren.

Der Name „Kaneelstraße“ klingt nach Zimt und Friedrichstadts früherer Karriere als Handelsmetropole. In der Kaneelstraße Nr. 2 öffnet Dagmar Kiesewetter ihr Privathaus und zeigt Glaskunst. In der gegenüber liegenden Osterlilienstraße lädt die Malerin und Fotografin Regina Kluth in ihr Atelier und ihr Privathaus ein und zeigt neben eigenen Arbeiten Werke von Jan Krützfeld, Solvej Krüger und der Schmuckdesignerin Andrea Eggers. Außerdem liest die Autorin Heidi Bols-Blum aus ihren Kurzgeschichten vor.

Die Landschaft der Halbinsel Eiderstedt zwischen Friedrichstadt und der Nordseeküste mit ihren verwunschenen Reetdachhäusern, dramatischen Wolkenspielen, Wellen und Strand zieht viele Künstler in ihren Bann. Der Maler Thomas Freund zog im Jahr 2003 nach Friedrichstadt und hat seine Galerie zur Kulturnacht bis Mitternacht geöffnet. Skulpturen aus Treibholz von Fabian Wippert ergänzen an diesem Abend die Ausstellung.

Die Werke der Eiderstedter Künstler Linda Hamkens und Manuel Knortz reisen zur Kulturnacht aus den Reetdachhäusern am Deich, wo die Künstler leben, in die Büroräume eines Grafikers am Stadtfeld – so im Fall der Bronzeskulpturen von Linda Hamkens – beziehungsweise in das Rathaus des Ortes am Marktplatz. Wo sonst die Stadtverordneten tagen, sind Bilder, Collagen und grafische Arbeiten von Manuel Knortz zu sehen. Vielleicht begegnet man hier auch dem Duo „Sünnschien“, das im Laufe des Abends in mehreren Häusern seine plattdeutschen Lieder singt.

Der Marktplatz mit seiner besonders prachtvollen Giebelhausfassade, den Cafés und Restaurants – das Fischlokal bietet sogar einen „Kultur-Burger“ an – lädt zu einer kurzen Pause ein, bevor man sich ins Tischlereimuseum in die Ostermarktstraße begibt, um sich selbst ein Holzei zu drechseln oder die abstrakten Bilder und Collagen von Antje Schölzel zu sehen. Ein Abstecher in die Westermarktstraße ist ein Ausflug nach Österreich: Die gebürtige Grazerin Hanna von Kunhardt, die seit fünf Jahren in Freidrichstadt wohnt, hat Künstler aus ihrer Heimat eingeladen. Sie verwandelt ihr Privathaus in eine Galerie, wo zwischen schweren Holzbalken und knarrenden, schmalen Treppen Bilder aus der Serie „Gefühlswelten“ von Thomas Reischauer hängen. Gegenüber wird ein ehemaliges Ladengeschäft für eine Ausstellung farbiger Holzschnitte des österreichischen Kunstprofessors Felix Dieckmann hergerichtet.



Weiter schlendert man durch die Prinzenstraße, die vom Marktplatz zum Fürstenburggraben führt. Im Atelier von Octavia Zille, die tatsächlich mit dem gleichnamigen Berliner Milieu-Zeichner entfernt verwandt ist, sind einfühlsame Zeichnungen und Bilder ihres Zyklus „beziehungsweise“ zu sehen. Das „New Custom House“ stellt Pastell- und Acrylbilder von Irmtraut Behrens aus. Die Künstlerin gibt an diesem Abend auch Einblick in ihre Maltechniken. Im Paludanushaus mit seinem prachtvollen Treppengiebel, das 1637 für einen remonstrantischen Prediger und Weinhändler dieses Namens errichtet wurde und heute das Versammlungshaus der dänischen Minderheit ist, laden Geflüchtete aus dem Nordirak zu einem Fest der Vielfalt mit Musik, Trachten und Speisen aus ihrer Heimat ein. In der Goldschmiede von Martina Wickord dreht sich alles um Perlen, und im Laden sowie im Garten von „Silkes Schuhparadies“ zeigt die Bildhauerin Gudrun Wolf-Scheel ihre Kunst. Die Künstlerin Jocelyne Nadolny-Papillon zeigt in ihrer Galerie neben ihren eigenen, von der Provence inspirierten Bildern auch Werke von Johan Strandt.

Es lohnt sich, zwischendurch in die Westerhafenstraße zum historischen Gästehaus „Delfter Träume“ und den ausdrucksvollen Portraitplastiken von Linde Reinecke abzubiegen. In der Kirchenstraße lädt Inge von Krottnaurer im „STUDIO+galerie“ zu „Kunst mit Tüten“ ein. Besucher können hier selbst ihre Kreativität ausprobieren. In der selben Straße öffnet das Paar Wagner-Eggers sein romantisches Hinterhaus und zeigt Design, Kunst und Fotos für Motorroller-Fans. Gleich um die Ecke verwandelt der Fotokünstler Niklas Möller sein Privathaus und seinen Garten in eine Ausstellung von Reisefotografien mit Bezug zu den Elementen Wasser, Erde, Licht und Luft. Hier, in der Prinzeßstraße, endet der kulturelle Abendspaziergang vor der Remonstrantenkirche. Sie ist übrigens rosafarben angestrichen. Vielleicht ist dann noch Zeit für das letzte der drei Konzerte der „Schola cantorosa“.

Veranstalter der Kulturnacht Friedrichstadt am Samstag, 26. August 2017, 18 bis 24 Uhr, ist die Stadt Friedrichstadt mit Unterstützung der Kulturstiftung der Nord-Ostsee-Sparkasse. Für den Eintritt von 8 Euro (im Vorverkauf 6 Euro) erwirbt man an der ersten besuchten Station ein Armband. Der Vorverkauf findet ab sofort bis 25.8. in der Tourist-Information (Am Markt 9) und in der Buchhandlung Stümpel (Am Fürstenburgwall 11) statt.

Weitere Informationen: www.kulturnacht.sh

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